Auskunfteien & Scoring-Agenturen
Wirtschaftsauskunfteien, oft auch nur Auskunfteien genannt, spielen im Wirtschaftsverkehr eine große Rolle. Immer dort, wo Geschäftspartner Kredite gewähren oder sonstige finanzielle Ausfallrisiken zu befürchten sind, ist die Arbeit einer Auskunftei unerlässlich.
Die Überprüfung der sogenannten Kreditwürdigkeit vor einer möglichen Kreditvergabe ist im Wirtschaftsleben längst nicht mehr nur bei Banken und Kreditinstituten, sondern auch bei vielen anderen Wirtschaftssektoren üblich.
- INHALTSÜBERSICHT ZUM THEMA AUSKUNFTEI
- Was ist eine Auskunftei?
- Negativdaten und Postivdaten
- Der Score-Wert
- Auskunfteien im deutschsprachigen Raum
Was ist eine Auskunftei?
Wirtschaftsauskunfteien dürfen bestimmte Daten sammeln und unter bestimmten Umständen und Voraussetzungen dürfen sie diese Daten den einzelnen Wirtschaftspartnern auf Anfrage auch zur Verfügung stellen.
Auskunfteien sind grundsätzlich private Unternehmen, die Informationen über die Bonität (Kreditwürdigkeit) sammeln und diese gegen Entgelt an anfragende Stellen weiterreichen. Eine Selbstauskunft für Privatpersonen, über die gespeicherten Wirtschaftsinformationen, ist bei den meisten Auskunfteien einmal pro Jahr kostenlos möglich. Die Weitergabe der Bonitätsinformationen erfolgt typischerweise in einem automatisierten Verfahren, kann aber auch schriftlich oder telefonisch erfolgen.
Als typische Verbraucherauskunftei sei beispielhaft die SCHUFA genannt, die Bonitätsinformationen zu Privatpersonen speichert und auf Anfrage weitergeben darf. Die Schufa Holding AG ist in Deutschland wohl die bekannteste Auskunftei. Daneben gibt es auch sogenannte Wirtschafts- oder Handelsauskunfteien. Diese Institute arbeiten vorwiegend mit Informationen über Zahlungswürdigkeit, Kreditwürdigkeit oder wirtschaftliche Betätigung von gewerblich tätigen Personen und Unternehmen, es werden jedoch zunehmend auch Daten von Privatpersonen gesammelt.
Neben diesen beiden Grundformen einer Auskunftei existieren auch sogenannte branchenspezifische Warndienste wie beispielsweise Mieterwarndateien oder Auskunfteien für andere spezielle Marktsegmente. Eine Auskunftei kann nur durch bestimmte Rechtsgrundlagen überhaupt tätig werden. Wesentliche gesetzliche Grundlage für die Arbeit von Auskunfteien und Warndateien ist das Bundesdatenschutzgesetz.
Rechtliche Grundlage der Auskunfteien
Die Auskunftei arbeitet auf Grundlage des Bundesdatenschutzgesetzes. Im §29 des BDSG ist explizit geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Auskunftei überhaupt personenbezogene Daten erheben, an Dritte vermitteln und verarbeiten darf.
Wirtschaftsauskunfteien erheben jährlich Millionen von Daten. Zu denen von einer Auskunftei erhobenen Daten und Wirtschaftsinformationen zählen insbesondere Identifikationsdaten, Positivdaten, Negativdaten und sogenannte Scorewerte zur Erhebung der Kreditwürdigkeit einer Einzelperson oder eines Unternehmens. Identifikationsdaten sind für die eindeutige Zuordnung einer abgefragten Person zwingend erforderlich. Name, Geburtsdatum sowie gegenwärtige und frühere Anschriften gehören dazu. Mit den Identifikationsdaten sollen bei den Millionen von Daten Personen- und Namensverwechslungen von vorneherein sicher vermieden werden.
Negativdaten und Positivdaten?
Was sind Negativdaten?
Unter Negativdaten oder Negativmerkmalen sind Informationen zu negativen Zahlungserfahrungen in der Vergangenheit zu verstehen. Es dürfen von gesetzlicher Seite her jedoch nur solche Negativdaten zum Zahlungsverhalten verarbeitet und erhoben werden, die eindeutige Rückschlüsse auf die Zahlungsunwilligkeit oder aber Zahlungsunfähigkeit einer konkreten Person zulassen.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung vom 1. April 2010 ist eine Übermittlung von negativen Daten an eine Auskunftei nur dann zulässig, wenn trotz Fälligkeit eine geschuldete Leistung nicht erbracht wurde oder eine Datenübermittlung zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich ist.
Eine Übermittlung von Daten an eine Auskunftei ist auch dann angezeigt, wenn ein vorläufig vollstreckbares Urteil über eine Forderung vorliegt, beziehungsweise ein entsprechender Schuldtitel nach der Zivilprozessordnung. Im Falle einer richterlich festgestellten Insolvenz oder bei einer ausdrücklichen Forderungsanerkennung durch den Schuldner ist eine Datenübermittlung an die Auskunftei ebenfalls gestattet.
Welche Rolle spielen Positivdaten?
Positivdaten beschreiben zwar keine negativen Zahlungserfahrungen der Vergangenheit, sind aber dennoch relevant für die Bonität. Mit Positivdaten kann die Auskunftei auch eine Aussage zur Zahlungswilligkeit einer Person treffen. Außerdem enthalten Positivdaten Angaben über das vertragsgemäße Verhalten wie Beendigung, Erfüllung oder Beantragung einer Geschäftsbeziehung, Angaben zu noch laufenden Krediten, Kreditkartenverträgen oder Girokontoverbindungen.
Positivdaten, die ein Bankgeschäft betreffen, dürfen nach den gesetzlichen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) an eine Auskunftei dann übermittelt werden, wenn die schutzwürdigen Interessen einer betroffenen Person am Ausschluss der Datenübermittlung nicht überwiegen und es sich nicht um ein Konto handelt, dass auf Guthabenbasis geführt wird.
Die sogenannte SCHUFA-Klausel oder andere Einwilligungsklauseln, die bisher Verbrauchern bei Vertragsabschluss oft abverlangt wurden, werden damit entbehrlich. Andere relevante Positivdaten, wie beispielsweise der Abschluss eines Handyvertrages dürfen wie auch bisher schon nur dann an eine Auskunftei weitergereicht werden, wenn der Betroffene zuvor ausdrücklich zugestimmt hat.
Der Score-Wert - Die relevante Größe zur Einschätzung der Bonität
Nicht alle Auskunfteien arbeiten mit Scorewerten. Unter einem Scorewert versteht man einen statistisch begründbaren Prognosewert über das zukünftige Risiko eines Zahlungsausfalls. Wie genau die verschiedenen Auskunfteien ihre Scorewerte ermitteln ist letztlich nur der Auskunftei intern bekannt. Aufgrund einer Prognose ermittelt die Auskunftei einen Scorewert, der einzig und allein für den Kunden relevant ist. Meistens erfolgt die Angabe des Scorewertes als Zahlenangabe in Prozent.
Auskunfteien entnehmen Daten teilweise aus öffentlichen Registern, teilweise aber auch von anderen Unternehmen. Bonitätsrelevante Informationen werden von den Vertragspartnern der Auskunfteien übermittelt. Dazu gehören beispielsweise Telekommunikationsunternehmen, Banken, Energieversorger, Versicherungen, Inkasso-Unternehmen, aber auch Versandhändler. Diese sogenannten Einmeldungen müssen jedoch gesetzlich zulässig sein, denn nur dann dürfen Daten auch von den Auskunfteien verwendet und beispielsweise zur Berechnung eines Scorewertes herangezogen werden.
Auch aus öffentlichen Registern, Schuldnerverzeichnis oder Insolvenzverzeichnis, bezieht eine Auskunftei ihre sensiblen, persönlichen Daten. Auskunfteien ist es erlaubt, Abdrucke aus öffentlichen Schuldnerverzeichnissen zu erhalten, ebenso ist es ihnen gestattet, Daten aus öffentlichen Medien, Zeitungen oder Internet, zu entnehmen und zu speichern. Grundsätzlich darf eine Auskunftei nur dann Daten weitergeben, wenn eine wirksame Einwilligung einer betroffenen Person vorliegt.
Auskunft und Datenlöschung
Auskunfteien sind zur Auskunft sowie zur Datenlöschung verpflichtet.
Die häufigsten Anfragen an Auskunfteien beziehen sich auf Kreditwürdigkeit oder Zahlungsfähigkeit von bestimmten Personen. Hier besteht seitens der anfragenden Unternehmen ein berechtigtes Interesse an einer Auskunft. Sonstige Gründe oder gar Neugier berechtigen dagegen nicht zur Abfrage von Auskünften zur Bonität. Versicherungen beispielsweise können grundsätzlich keine Auskunfteidaten bei Vertragsabschluss erheben.
Für Arbeitgeber ist die Frage nach der Bonität von Beschäftigten nicht gestattet, eine Bonitätsauskunft kommt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes allenfalls dann in Frage, wenn ein Arbeitnehmer eine Position ausfüllt, die in hohem Maße an Vertrauenswürdigkeit und Seriosität in finanziellen Angelegenheiten erfordert. Ein Finanzberater oder ein Bankkassierer würde unter diese Regelung fallen, nicht aber die einfache Kassiererin im Supermarkt.
Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Auskunfteiabfrage vorliegen, ist die Einwilligung eines Betroffenen nicht erforderlich. Es besteht von Seiten der abfragenden Institution allerdings die Pflicht, dass erhobene Daten auch für eine Auskunfteiabfrage verwendet werden sollen. Wenn ohne Kenntnis einer Person Daten gespeichert werden, so ist die Auskunftei gesetzlich verpflichtet, einen Betroffenen von der Art der Daten sowie deren erstmaligen Übermittlung zu unterrichten. Die Benachrichtigung erfolgt üblicherweise durch ein postalisch zugestelltes Formschreiben mit der Überschrift Benachrichtigung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht sind zulässig, wenn der Betroffene anderweitig Kenntnis von Speicherung oder Datenweitergabe erlangt hat. Dies wäre beispielsweise bei der unterschriebenen SCHUFA Klausel eines Vertrages der Fall. Wenn ein Verbraucher unsicher ist, welche Daten eine bestimmte Auskunftei über ihn speichert, so kann er sich mit diesem Anliegen auch direkt an die Auskunftei wenden. Es besteht von Seiten der Auskunftei eine Auskunftspflicht nach Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), die Daten dürfen also nicht zurückgehalten werden.
Eigene Daten bei der Auskunftei einsehen
Einmal jährlich haben Betroffene Anspruch auf eine kostenlose Selbstauskunft. Für jede weitere erteilte Auskunft bzw. Selbstauskunft darf die Auskunftei auch eine Gebühr erheben. Stellt sich heraus, dass eine Auskunftei unrichtige Daten gespeichert hat, so kann ein Betroffener deren Löschung beantragen, hierfür dürfen keine zusätzlichen Kosten entstehen. Bei entsprechenden Nachweisen hat ein Verbraucher immer das Recht, Daten berichtigen, löschen oder sperren zu lassen.
Sind seit einer Eintragung in ein Schuldnerverzeichnis drei Jahre verstrichen, so hat eine Auskunftei sämtliche Daten eines Betroffenen zu löschen. Auch diese Löschungsverpflichtung ergibt sich aus den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Bei einer Privatinsolvenz müssen die Daten nach einem Zeitraum von drei Jahren ab Erteilung der sogenannten Restschuldbefreiung gelöscht werden.
Auskunfteien im deutschsprachigen Raum
Neben den bekannten Auskunfteien, wie der SCHUFA oder Bürgel, gibt es im deutschsprachigen Raum verschiedene Auskunfteien, die zum Teil auch unterschiedliche Leistungen anbieten.
Beispiele für in Deutschland agierende Auskunfteien sind der Verband der Vereine Creditreform e.V., Bürgel Wirtschaftsinformationen, Arvato Infoscore, Deltavista, Creditreform Boniversum GmbH und weitere. Auskunfteien beschränken sich aufgrund der Gesetzeslage meist nur auf ein Land. Darum gibt es in Österreich und der Schweiz eigene Auskunfteien und Scoring Agenturen.