Direkt zum Thema:
Arten der Forderungen aus Sicht eines Unternehmens
Steuerrechtliche Ansätze und Bilanzierungsregeln für Forderungen
Durchsetzbarkeit und Durchsetzung von Forderungen bei Verbindlichkeiten
Bewertungen und Verjährung von Forderungen
Effizientes Forderungsmanagement
Unter dem Begriff einer Forderung versteht man im Allgemeinen eine Aufforderung oder einen Anspruch. Im Handel sind Forderungen Teil des Vermögens eines Unternehmens. Gemeint sind zum Beispiel offene Kundenrechnungen. Verbindlichkeiten hingegen sind Forderungen, die das Unternehmen selbst leisten muss. Sie können auch als Verpflichtung oder Schulden bezeichnet werden. Die Herausgabe von Anleihen ist auch eine Verbindlichkeit.
Forderungen im HGB
Im unternehmerischen Sinne handelt es sich bei einer Forderung um eine Verbindlichkeit, die das Unternehmen gegenüber einem Schuldner geltend macht. Diese Forderungen sind von Unternehmen im Rahmen des Umlaufvermögens in der Jahresbilanz darzulegen. Laut Handelsgesetzbuch (HGB) wird hier u.a. unterschieden zwischen folgenden Forderungen:
- Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (§266 Gliederung der Bilanz, Abs 2B II 1 HGB)
- Forderungen gegen verbundene Unternehmen (§266 Abs 2B II 2 HGB)
- Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (§266 Abs 2B II 3 HGB)
Bei den meisten Betrieben haben dabei die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die aus dem üblichen Geschäftsbetrieb resultieren, wirtschaftlich bei weitem die größte Bedeutung.
Sowohl bei Verträgen über den Verkauf von Waren als auch bei Vereinbarungen über die Erbringung von Dienstleistungen besteht davor keine Forderung, sondern vielmehr ein schwebendes Geschäft. Forderungen werden auf der Aktivseite der Bilanz als Teil des Umlaufvermögens unter dem Posten Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände zwischen den Vorräten und den liquiden Mitteln ausgewiesen. Diese Position entspricht ihrer Liquiditätsnähe, denn sie können in der Regel schneller zu Geld gemacht werden als Gegenstände des Vorratsvermögens, stellen aber keine flüssigen Mittel dar.
Forderungen im Sinne des BGB
Forderungen im juristischen Sinne werden im BGB definiert und als Schuldverhältnis betitelt. In Buch 2 Abschnitt 1 des BGB werden unter dem Titel Verpflichtung zu Leistung ab §241 unter anderen Pflichten aus Schuldverhältnissen geregelt.
Eine Forderung wir mitunter auch als schuldrechtlicher oder vertraglicher Anspruch bezeichnet. Nicht hinter jeder Forderung steht aber auch ein tatsächlicher Anspruch laut BGB. Im umgangssprachlichen Gebrauch werden die Begriffe jedoch teilweise auch gleichgestellt.
Eine Forderung ist, laut Gesetz und steuerlich, immer nur dann einlösbar, wenn sie durchsetzbar ist. Das bedeutet, dass die Forderung immer auf einem legalen rechtlichen Verhältnis zwischen den beteiligten Parteien beruhen muss, da sie sonst illegal und somit nicht durchsetzbar ist.
Im rechtlichen Sinne führt jeder Verkauf von Waren genauso wie jede Erbringung von Dienstleistungen, die nicht sofort in bar, sondern erst innerhalb einer gewissen Frist bezahlt werden, zu einer Forderung. Man spricht auch von einem Lieferanten-Kredit, wenn ein Lieferant Waren mit Zahlung auf Rechnung anbietet.
Unternehmen weisen Forderungen auf der Aktivseite der Bilanz aus und bewerten sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechend unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit ihres Ausgleichs durch den Schuldner. Ein systematisches und effizientes Forderungsmanagement stellt eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für den Erfolg eines Unternehmens dar.
Arten von Verbindlichkeiten
Auch Verbindlichkeiten müssen innerhalb der Bilanz auf der Passivseite aufgeschlüsselt werden. Dazu zählen zum Beispiel:
- Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
- erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen
- Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen
- Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel
- Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen
- Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht
- sonstige Verbindlichkeiten aus Steuern und im Rahmen der sozialen Sicherheit
Verbindlichkeiten, zu denen das Fälligkeitsdatum oder die Höhe der Verpflichtung nicht bekannt sind, werden auch als Rückstellungen bezeichnet.
Arten der Forderungen aus Sicht eines Unternehmens
Eine Forderung entsteht für Unternehmen meist durch eine Lieferung von Waren oder durch die Erbringung von Dienstleistungen gegenüber einem Abnehmer oder Auftraggeber. Daher unterteilt das betriebliche Rechnungswesen eine Forderung immer in eine der folgenden drei Teilbereiche:
1. Forderungen aus Lieferungen und Leistung,
Die Kategorie der Forderungen aus Lieferung und Leistung umfasst dabei alle unternehmensspezifischen Handelstätigkeiten wie die Produktion und die Lieferung von Waren und Dienstleistungen oder das Bereitstellen ebendieser.
2. Forderungen aus sonstigen finanziellen Vermögenswerten und
Forderungen aus sonstigen finanziellen Vermögenswerten umfassen nur finanzielle Vermögenswerte, die nicht dem üblichen Tätigkeitsbereich des Unternehmens unterliegen. Praktische Beispiele hierfür sind der Handel mit Wechselschuldverschreibungen, Übernahmeforderungen, entstanden durch die Übernahme eines anderen Unternehmens, oder aber anderweitige finanzielle Tätigkeiten bei denen unternehmensfremde Leistungen erbracht werden.
3. Forderungen aus sonstigen nicht finanziellen Vermögenswerten.
Diese Forderungen entsprechen dem Schema der zweiten Kategorie, umfassen aber nur die materiellen Vermögenswerte, die nicht den finanziellen Vermögenswerten zuordenbar sind. Für alle Forderungen gibt es zusätzlich noch unterschiedliche Grundsätze zur Bilanzierung, die von jedem Unternehmen beachtet werden müssen.
Steuerrechtliche Ansätze und Bilanzierungsregeln für Forderungen
Die unterschiedlichen Forderungsarten und Verbindlichkeiten müssen auch unterschiedlich bilanziert werden. Das hat zum einen mit der rechtlichen Ordnungsfunktion des Steuerrechts zu tun, andererseits soll es so den Unternehmen erleichtert werden, ihre Bilanzen zu führen. Das Grundinstrumentarium, um Forderungen ordnungsgemäß in der Bilanz abzubilden ist die GuV-Rechnung. Die Forderungen werden aber auch summiert direkt in die Bilanz unter Punkt B II eingetragen und spiegeln, zusammen mit dem Bilanzanhang, eine realistische Lage des Unternehmens wieder. Hier werden aber ausschließlich die ausstehenden Forderungen eingetragen. Forderungen, die bereits beglichen sind, finden sich in der GuV-Rechnung wieder. Dies gilt auch für noch ausstehende, aber bereits beglichene Forderungen, die zum Jahreswechsel noch nicht fällig gewesen wären, aber bereits bezahlt wurden. In der Bilanz unterteilen sich die Forderungen nochmal in verschiedene Kategorien, das liegt daran, dass die Bilanz ein Abbild des Unternehmens darstellen soll und an sich keinerlei Funktion für das betriebliche Rechnungswesen hat. Sämtliche Kategorien des Rechnungswesens sind hier in nur einer Kategorie, der ersten zusammengefasst und spielen in der Bilanz selbst keine Rolle mehr. Geschuldet ist diese Tatsache der üblichen Trennung von betriebswirtschaftlichem Rechnungswesen und Jahresbilanzierung.
Durchsetzbarkeit und Durchsetzung von Forderungen bei Verbindlichkeiten
Wie oben bereits erwähnt ist eine Forderung nur dann legal, wenn sie durchsetzbar ist. Durchsetzbar bedeutet in diesem Fall schlicht, dass die Forderung nicht illegal entstanden sein darf. Eine Forderung ist also ein Anspruch, der gegenüber dem Schuldner einzufordern ist. Der Schuldner hat im Rahmen seiner gesetzlichen Möglichkeiten allerdings häufig die Möglichkeit die Forderung anzufechten. Bei Forderungen aus Lieferung und Leistung wären passende Beispiele eine Mängellieferung, eine Falschlieferung oder eine unsachgemäße Lieferung. Gerade letzteres ist in den Zeiten des Online-Handels der häufigste Fall für Zahlungsverweigerungen. In diesem Fall liefert der Händler zwar die vereinbarte Ware, verpackt sie aber entweder gänzlich unsachgemäß sodass sie defekt beim Kunden ankommt, die jeweilige Zustellfirma macht einen Fehler und beschädigt die Ware oder liefert sie an die falsche Adresse. In allen Fällen ist aber der Händler, sofern er gewerblich handelt und an einen Kunden, nicht Geschäftspartner liefert, in Gänze haftbar und verpflichtet eine Ersatzlieferung zu veranlassen oder die Ware anderweitig zu ersetzen. Im Falle eines privaten Verkäufers kann dieser die Haftung ausschließen und ist so gegenüber allen Anfechtungen seitens des Schuldners befreit. Dieser kleine Exkurs ist passend, da er die grundsätzliche juristische Bewertung von Forderungen anschaulich widerspiegelt. Aus Gründen des Verbraucherschutzes, und als Verbraucher wird hier auch der private Händler definiert, gelten für gewerbliche und private Gläubiger in vielen Fällen ganz unterschiedliche Rechtsstandards. Während der gewerbliche Gläubiger seine Kunden vorab genau informieren muss und vom Vertrag nicht abweichen darf, sind dem privaten Gläubiger hier größere Freiheiten eingeräumt. Der Grundsatz "nach Treu und Glauben" spielt hier eine große Rolle, da der Jurist davon ausgeht, dass dem privaten Gläubiger weder die volle Übersicht über die Rechtslage, noch das notwendige Fachwissen zur Thematik verfügbar ist. Anders sieht es aber im Falle des sogenannten B2B-Geschäfts aus, also einem Geschäft bei dem ein gewerblicher Anbieter eine Forderung gegenüber einem anderen gewerblichen Anbieter geltend macht. In diesen beiden Fällen gelten die Gesetze des Verbraucherschutzes in der Anfechtung nicht, denn beide Parteien haben ausreichende Möglichkeiten, sich in der Thematik entsprechend auszukennen.
Entstehung von Forderungen
Juristisch handelt es sich bei einer Forderung um einen Anspruch, der aus einer schuldrechtlichen Beziehung entsteht. Im Wirtschaftsleben richtet sich eine Forderung auf den Erhalt eines bestimmten Geldbetrages oder einer anderen Leistung durch einen Geschäftspartner, mit dem der Gläubiger eine vertragliche Beziehung eingegangen ist und seine Verpflichtung zur Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung bereits in vollem Umfange erbracht hat.
Bei Warenlieferungen kommt es dabei entscheidend auf den Zeitpunkt an. Erst wenn der Gefahrenübergang vollzogen wurde, die Gefahr des Untergangs des verkauften Gegenstandes also beim Kunden liegt, entsteht eine Forderung. Aus den vertraglichen Bestimmungen über die Erbringung einer Dienstleistung ergibt sich, nach welchem geleisteten Umfang diese als erbracht gilt und somit auch der Zeitpunkt, ab dem eine Forderung geltend gemacht werden kann.
Bewertungen und Verjährung von Forderungen
Im deutschen Bilanzrecht gelten für die Bewertung von Forderungen das Vorsichtsprinzip und das strenge Niederstwertprinzip. Demzufolge kommen als Wertansatz höchstens die historischen Anschaffungskosten in Frage. Dagegen sehen die angelsächsischen Standards für die Rechnungslegung vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen Forderungen auch mit einem höheren Wertansatz als Fair Value in der Bilanz ausgewiesen werden.
Eine Forderung, die eine Laufzeit von mehr als einem Jahr besitzt, ist nach deutschem Handelsrecht abzuzinsen, um sie mit ihrem zutreffenden gegenwärtigen Wert auszuweisen. Darüber hinaus müssen zu jedem Bilanzstichtag sämtliche Forderungen eines Unternehmens auf ihre Werthaltigkeit hin überprüft werden. Dabei werden die überfälligen Forderungen, die nicht den vertraglichen Bestimmungen entsprechend innerhalb des Zahlungsziels vom Kunden ausgeglichen wurden, dahingehend überprüft, ob mit einem baldigen Zahlungseingang zu rechnen ist.
Wird festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit dafür gering ist, muss eine Wertberichtung auf den realistischen Wert vorgenommen werden. Dasselbe ist für alle noch nicht fälligen Forderungen gegen Schuldner durchzuführen, von denen bekannt ist, dass sie entweder zahlungsunfähig sind, zum Beispiel aufgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, oder aus anderen Gründen die Zahlung verzögern beziehungsweise verweigern.
Eine sorgfältige und zutreffende Bewertung aller Forderungen dient dem Gläubigerschutz, denn nur so kann zutreffend beurteilt werden, wie hoch die Finanzkraft des Unternehmens tatsächlich ist. Insbesondere Kreditinstitute prüfen anhand von Deckungsrechnungen, bei denen Vermögen und Kapital eines Unternehmens entsprechend ihrer Fristigkeiten gegenübergestellt werden, welche Darlehenshöhe für ein Unternehmen optimal ist, so dass es voraussichtlich ohne Probleme zurückgezahlt werden kann.
Genauso haben auch die Anteilseigner eines Unternehmens großes Interesse daran, dass der Forderungsbestand zu realistischen Werten in der Bilanz präsentiert wird. Nicht zuletzt verhindert eine angemessene Forderungsbewertung, dass zu hohe Ausschüttungen vorgenommen werden, die das Unternehmen finanziell nicht bewältigen kann und die so seine Substanz gefährden. Eine Forderung erlischt nicht nur durch den Ausgleich, indem der Schuldner den ausstehenden Betrag überweist oder eine andere geschuldete Leistung erbringt, sondern auch durch Verjährung.
Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist und beträgt nach deutschem Recht drei Jahre. Die Verjährung einer Forderung wird gehemmt, indem sie der Gläubiger gerichtlich geltend macht.
Effizientes Forderungsmanagement
Jedes Unternehmen, unabhängig von seiner Größe oder der Branche, der es angehört, ist darauf angewiesen, dass die Rechnungen, die es Kunden für Lieferungen und Leistungen stellt, auch tatsächlich vollständig und innerhalb des vertraglich vereinbarten Zahlungsziels beglichen werden. Ansonsten droht ein finanzieller Engpass, der schnell den Bestand des Betriebes gefährden kann. Aus diesem Grund kommt der Überwachung der Forderungen größte Bedeutung zu.
Forderungsmanagement beginnt bereits bei der Auswahl der Kunden, mit denen das Unternehmen Geschäftsbeziehungen eingeht, denn im Idealfall erbringt ein Betrieb Leistungen oder liefert Waren, die nicht sofort bezahlt werden müssen, ausschließlich an Geschäftspartner, deren Bonitätsprüfung positiv ausgefallen ist. Dies gilt zum Beispiel für Versandhändler genauso wie für Kreditinstitute.
Zur Überprüfung der Bonität werden oftmals Anfragen bei Auskunfteien für Daten über Privatleute und andere Unternehmen gestellt. In der Debitorenbuchhaltung werden alle Forderungen erfasst und bis zu ihrem Ausgleich oder Ausbuchen geführt.
In regelmäßig zu erstellenden Listen werden sämtliche Forderungen nach ihrer Altersstruktur und Fälligkeit angezeigt. Überfällige Forderungen werden entweder sofort oder nach dem Verstreichen einer gewissen Kulanzzeit angemahnt. Sollte der Kunde nicht darauf reagieren, erfolgen weitere Mahnungen. Wenn auf diesem Weg kein Ausgleich der Forderung zu erreichen ist, übergibt der zuständige Manager in der Regel den Fall an den Justitiar des Unternehmens oder an ein Inkassounternehmen, damit die offenstehende Forderung auf gerichtlichem Wege beigetrieben werden kann.
Sinnvollerweise erfolgt schon in einem frühen Stadium der Mahnung ein Lieferstopp, um nicht noch weitere unsichere Forderungen zu generieren. Auch eine Versicherung von Forderungen kann eine gute Möglichkeit darstellen, das Unternehmen wirksam vor Zahlungsausfällen zu schützen. Insbesondere im Auslandsgeschäft ist diese Form der Absicherung weit verbreitet.
Factoring
Genauso entscheiden sich viele Unternehmen dafür, einen großen Teil oder ihren gesamten Forderungsbestand im Wege des Factorings an eine spezialisierte Finanzorganisation zu verkaufen. Dies ermöglicht es dem Betrieb, sich voll auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren, weil er sich nicht mit der Eintreibung von Forderungen beschäftigen muss. Außerdem bietet das Factoring einen Liquiditätsvorteil, da der Gegenwert der Forderungen auf diese Weise schneller zur Verfügung steht.
Allerdings muss als Gegenleistung ein Abzug vom Forderungswert hingenommen werden, der vom Factoringunternehmen als Honorar einbehalten wird. In jedem Fall sollte sich die Geschäftsleitung regelmäßig über sämtliche Außenstände sowie das reibungslose Funktionieren des Forderungsmanagements informieren.