Kreditklemme Definition
Durch die zunehmend verschärften Eigenkapitalvorschriften im Zuge von Basel II und Basel III wenden Kreditinstitute wie Banken immer strengere Richtlinien in Bezug auf Kreditvergaben an. Dies nehmen private und konstitutionelle Marktteilnehmer als Zurückhaltung bei der Kreditvergabe wahr, im Fachjargon spricht man hier auch von der Kreditklemme.
Der Begriff "Kreditklemme" entzieht sich einer einheitlichen Definition, da unterschiedliche Forschungsinstitute jeweils individuelle Maßstäbe ansetzen. Global betrachtet kann der Begriff aber in der Wirtschaft als Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Kreditangebot und dem, auf Grund der Zinsen und Wirtschaftlichkeit von Investitionen zu erwartenden Kreditangebote interpretiert werden. Die Kreditklemme merken allerdings nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmen. Durch eine Kreditklemme kann es zu einer Rezession (auch Abschwung) kommen. Eine Rezession ist ein Rückgang der Konjunktur. Dies bedeutet, dass die Wirtschaftstätigkeit nachlässt und die Ausgaben stark zurückgehen.
Eine Kreditklemme ergibt sich somit primär angebotsseitig. Kreditinstitute wie Banken gewähren Kredite nicht in dem Umfang, der auf Grund der marktwirtschaftlichen Gegebenheit zu erwarten wäre. In regelmäßigen Abständen erhebt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) mit einem genormten Erhebungsbogen - dem Bank Lending Survey (BLS) - die Angebotsbedingungen der dreißig wichtigsten Kreditinstitute in Deutschland. Das Konjunkturtief wird also durch einen Abschwung ausgelöst.
Auf Grund der Breite der Erhebung und dem hohen Standardisierungsgrad der einzelnen Items gelten die Ergebnisse als wichtigste anerkannte Diskussionsbasis für volkswirtschaftliche Entscheidungen. Bedeutung genießt der BLS vor allem als Vorwarnsystem, da die detaillierte Auswertung auch solide Prognosemöglichkeiten für die Zukunft bieten.
Auf Grund stark differenzierender internationaler Regelungen und Bestimmungen, lassen sich die Ergebnisse jedoch nur für nationale Entscheidungen heranziehen. Auch hier zeigt sich die große Definitionsvielfalt einer Kreditklemme.
Mögliche Ursachen für eine Kreditklemme
Sinkt das für Kredite zur Verfügung stehende Geldvolumen und es kommt zur Kreditklemme, kann das mehrere Ursachen haben.
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So könnte eine Verknappung des potentiellen Kreditvolumens mit einer Verschlechterung der Liquidität des Kreditinstitutes zusammenhängen. In diesem Fall fehlen die notwendigen Refinanzierungsmöglichkeiten, um ausgegebene Gelder in zumindest gleichem Umfang durch Spareinlagen oder Bezugsmöglichkeiten über den Kapitalmarkt auszugleichen.
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Im Gegensatz zu diesen internen Gründen können sich allerdings auch externe Gründe auf eine restriktivere Handhabung bei Kreditvergaben, also eine Kreditklemme, auswirken. So wirken sich neue Eigenkapitalvorschriften unmittelbar auf die Vergabepolitik von Krediten aus, da Kreditinstitute umfangreichere Sicherungsrücklagen führen müssen. Damit wird auch größeres Augenmerk auf die Bonitätslage potentieller Kreditnehmer wie Verbraucher und Unternehmen gelegt, um Ausfallrisiken zu minimieren. Auf diese Weise versuchen Kreditgeber häufig theoretische oder bereits realisierte Verluste zu kompensieren, die sich ansonsten unmittelbar auf die Eigenkapitaldecke auswirken.
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Die dritte bedeutende Ursache für eine potentielle Kreditklemme findet sich in internen Schwerpunktsetzungen von Kreditinstituten. So kann es sein, dass vorhandene Gelder eher in lukrativere Bereiche investiert werden und somit nicht mehr zur Vergabe an Kreditnehmer zur Verfügung stehen. Ein Beispiel wären Finanzderivate, die häufig bessere Gewinnmöglichkeiten bieten als die klassische Abgabe verfügbarer Gelder an risikobehaftete Kreditnehmer. Auch hier kann die gesetzliche Reglementierung der Eigenkapitaldecke eine Kreditklemme verursachen, da Kreditinstitute nun versuchen über Derivatenhandel notwendige Barrücklagen aufzubauen, anstatt Darlehen zu vergeben.
Kreditklemme nach abnehmender Nachfrage bei Kreditvolumina
Viel häufiger entsteht eine Kreditklemme allerdings aus dem Absinken des nachgefragten Kreditvolumens. Hier entsteht die Problematik durch potentielle Kreditnehmer, die entweder auf Investitionen verzichten oder auf Grund der Liquiditätslage von Krediten ausgeschlossen werden.
Auch wenn regelmäßige Rückzahlungsraten aus dem laufenden Cashflow bedient werden könnten, kann eine Kreditzuteilung an fehlenden Sicherheiten scheitern.
Für die Berechnung der Bonität und Bewertung der möglichen Sicherheiten greifen Kreditinstitute wie Banken auf individuell definierte Algorithmen zurück, die sich bis zu einem gewissen Grad an der individuellen Geschäftspolitik orientieren. Das ist ein Grund, warum sich der Begriff "Kreditklemme" einer einheitlichen Definition entzieht.
Zudem unterliegen Kreditinstitute seit dem Jahr 2007 der sogenannten Solvabilitätsverordnung. Hier gibt der Gesetzgeber einen bestimmten Ermessensspielraum vor, der allerdings mit einer klaren Kreditkontingentierung verbunden ist. Die Solvabilitätsverordnung ist dabei ein prozyklisches Instrumentarium und kann damit insbesondere in schwachen Konjunkturzeiten zu einer Kreditklemme führen, da die notwendige Eigenkapitalunterlegung für Kredite erhöht werden muss.
Im Gegenzug besteht durch Lockerung der Vorgaben in Phasen mit Konjunkturaufschwung die Gefahr, dass Kreditinstitute leichtfertiger Darlehen vergeben.
Kreditklemme im engeren und im weiteren Sinne
Auch wenn keine stichhaltige Definition einer Kreditklemme besteht, so kann doch zwischen zwei Formen unterschieden werden. Bei einer Kreditklemme im weitesten Sinn schränken Kreditinstitute das Volumen der Darlehensvergabe auf Grund von Bonitätsbewertungen der Kreditnehmer ein.
So wird einem höheren Kreditrisiko begegnet, das sich in erster Linie auf die Rückzahlungswahrscheinlichkeit verliehener Gelder bezieht. Durch gesetzliche Bestimmungen und Auflagen wird diese Vorgehensweise besonders in Phasen mit schwacher Konjunktur zusätzlich gefördert.
Eine Kreditklemme im engeren Sinn entsteht ausschließlich durch endogene Faktoren, häufig aus Überlegungen und Entscheidungen des Managements eines Kreditinstituts wie zum Beispiel einer Bank. Bonitätsüberlegungen oder gesetzliche Auflagen spielen dabei eher eine untergeordnete Rolle.
Diese bewusst in Kauf genommene Kreditklemme dient häufig der Vorbereitung größerer Investitionen oder der Veranlagung aktuell verfügbarer Gelder in lukrativere Derivate.
Gesamtwirtschaftliche Folgen einer Kreditklemme
Häufig entwickelt sich aus einer Kreditklemme, besonders wenn sie über eine längere Zeit hinweg andauert, auch eine starke makroökonomische Komponente. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Verknappung der vergebenen Darlehen aus endogenen oder exogenen Überlegungen heraus vorgenommen wird.
Staatliche Geldpolitik basiert gemäß dem häufig angewendeten Keynesianischem Ansatz auf dem Kalkül, dass niedrigere Zinsen zu einem höheren Investitionsvolumen führen. Der Zinssatz selbst wirkt als autopoetisches Regulativ, das Angebot und Nachfrage in ein langfristiges Gleichgewicht bringt. Dies ist die zentrale Voraussetzung für eine stabile Entwicklung der Gesamtwirtschaft.
Bei einer Kreditklemme versagt dieser Ansatz der Geldpolitik zumindest partiell. Trotz niedriger Zinsen kann das äquivalente Investitionsvolumen, das für einen gesamtwirtschaftlichen Ausgleich notwendig wäre, nicht erreicht werden. Das hat vor allem langfristige Folgen, da notwendige Investitionen nicht, zu spät oder in zu geringem Umfang getätigt werden. Auf diese Weise summiert sich auch der volkswirtschaftliche Schaden auf lange Sicht.
Die Kreditklemme ist für Großunternehmen schneller spürbar als bei dem Mittelstand. Besonders bei einer Krise wie der Finanzkrise 2008 haben Großunternehmen eher mit der Kreditklemme zu kämpfen als der Mittelstand. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass der Mittelstand eine geringere Medienwirksamkeit hat. Zu dem Mittelstand zählen kleinere sowie mittlere Unternehmen und auch Selbstständige.
Maßnahmen zur Vorbeugung einer Kreditklemme
Von Regierungsseite wurden mehrere Ansätze entwickelt, um Kreditklemmen zu vermeiden oder aufzulösen. Im Zentrum steht dabei häufig die Entlastung des Eigenkapitals der Kreditinstitute, um dadurch den individuellen Handlungsspielraum wieder zu erhöhen und es Verbrauchern und Unternehmen zu ermöglichen einen Kredit zu erhalten.
Ein Ansatz zielt darauf ab, vergebene Kredite zu verbriefen. Dabei verkaufen Kreditinstitute Forderungen an staatliche Institutionen und erhalten dafür im Gegenzug Bargeld oder Anleihen um ihr Eigenkapital zu erhöhen. So können die Bilanzen entlastet werden, was zu günstigeren Refinanzierungsmöglichkeiten über den Kapitalmarkt führt. Auch die Gründung sogenannter Bad Banks zielen auf denselben Effekt ab. Dabei übernehmen staatliche oder teilstaatliche Institutionen Kredite, deren Rückzahlung als fraglich eingestuft wird.
Diese Darlehen werden entweder zur Gänze von einer Bad Bank übernommen, oder es werden Haftungen in der selben Höhe gewährt. So können Kreditinstitute wie Banken bilanzielle Verbindlichkeiten ausgleichen und sich günstiger über den internationalen Kapitalmarkt refinanzieren.